Donnerstag, 15. März 2012

Was mache ich eigentlich hier?! #3 - Area51

Area51 ist der Name des Jugendclubs im YMCA Carrickfergus. In der Chronologie eines vollen Arbeitstags von mir sind wir jetzt nach Woodburn PAKT Crèche am Morgen und Afterschoolsclub am Mittag bei Area51 am Abend gelangt. Woher der Name dafür stammt? Gute Frage... Von meiner persönlichen Wahrnehmung her gibt es allerdings bezogen auf die Zustände dort schon Parallelen zwischen dem Jugendclub im Herzen Carrickfergus und dem gleichnamigen amerikanischen Militärsperrgebiet - aber dazu später mehr.

Was ist Area51?
Area51 ist eine Drop-In (offene Tür) Arbeit für Jugendliche bis 18 Jahre. Im Gegensatz zu der Arbeit in Woodburn findet diese im eigentlichen YMCA Gebäude gegenüber vom Carrick Castle statt (mein Arbeitsplatz liegt somit an einer Burg, wer kann das schon sonst von sich behaupten?). Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag öffnen wir wir 18.30 bis 21.30 die Pforten, wobei ich nur Montag, Donnerstag und Freitag dort arbeite. Unregelmäßig können die Jugendlichen sich dort zum Beispiel zum Thema Drogen- und Alkoholsucht oder sexueller Gesundheit beraten lassen, darüber hinaus gibt es verschiedene Projekte die immer mal wieder laufen, wie etwa derzeit ein Kunstprojekt, bei dem die Jugendlichen mit einem Künstler zusammen eine Statur für das neue YMCA-Gebäude entwerfen. Für die restliche Zeit ist kein Programm vorgesehen, dass heißt die Teenager kommen und gehen wann sie wollen und können bei uns Tischtennis, Kicker, Billard oder Wii spielen, Filme gucken, Snacks und Getränke kaufen oder sich einfach nur mit Freunden treffen und unterhalten.

Hier wird sich ausgeruht. Draußen
vor dem Fenster: das Carrick Castle
Beschäftigungsangebot neben
Kicker, Wii, Billard oder Computer
Was für Jugendliche kommen dorthin?
Soweit so gut. Nun wird die Arbeit allerdings nicht nur durch das Angebot, sondern vor allen Dingen auch durch die Teilnehmer selbst geprägt. Das Alter der Teilnehmer erstreckt sich derzeit von etwa 11 bis 16 Jahren, wovon wir eigentlich immer gut 30-50 an einem Abend sehen. Bezüglich der Bedürfnisse der Jugendlichen befindet sich die Arbeit auf jeden Fall dort, wo sie auch gebraucht wird.
Die Mehrheit ist männlich und teilt sich in zwei Stereotype: die "Skater/BMXer" oder die "Chavs". Skater und BMXer erkennt man an ihren großen Turnschuhen und den engen Röhrenjeans, außerdem bringen sie ihre Vehikel liebend gerne mit und zeigen ihren Freunden ihre neuesten Tricks gleich mitten im Jugendzentrum. Chavs (sprich  T [für Trainingsanzug] + Schaf  [typisch für Nordirland] = "tschahf") genießen die Gemütlichkeit ihrer Jogginganzüge den ganzen Tag und sind grundsätzlich sehr kreativ dabei irgendeinen Mist zu bauen.
Natürlich ist die Parallele zum Militärstützpunkt übertrieben, die Situation der Teenager ist dennoch eine ganz andere, als die, die ich aus meiner heimischen Jugendarbeit gewohnt war. Mit etwas Glück findet man an einem Abend mal einen Jugendlichen, der nicht raucht. Gerade wenn die kleinen 11 jährigen Stöpsel nach draußen gehen um zu Rauchen fasst man sich dann schon an den Kopf. Meist haben sie einen schwierigen Familienhintergrund und sind auch öfters in Kontakt mit Drogen. Neben der Aufklärung ist deshalb das Hauptziel der Arbeit, die Jugendlichen davon abzuhalten, sich abends auf den Straßen rumzutreiben und in Konflikt mit dem Gesetz zu kommen. Das hält sie zwar nicht davon ab Mist zu bauen, dafür passiert es dann halt bei uns und nicht in der Öffentlichkeit.

Kicker ("Table-Foosball")
und Computer
Wird oft als Skateboard-
Arena missinterpretiert

Wie sieht meine Arbeit dort konkret aus?
Zunächst habe ich erst einmal Zeit gebraucht, mich in diesem Umfeld zurrecht zu finden und die Jugendlichen in ihrer Art und Weise bzw. ihr Umfeld zu verstehen. Auch muss man erst einmal eine gewisse Weile dort anwesend sein, um sich bei den Teenager überhaupt Respekt und Gehör zu verschaffen. Seitdem ich das erreicht habe, ist es für mich und die anderen Mitarbeiter das Ziel, einen sicheren Rahmen für die Drop-In Arbeit herzustellen und zu wahren. Das bedeutet zunächst einmal permanent Jugendliche von Kissen-, Tischtennisschläger- oder Billardqueue-Schlachten abzuhalten (der Verschleiß gerade an Billardqueues und Tischtennisschlägern ist schon beachtlich). Darüber hinaus werden öfters mal Skateboards oder Fahrräder von uneinsichtigen Besuchern eingesammelt oder diese gleich samt Gefährt heraus gebeten, wenn mal wieder etwas zerstört oder angeflämmt wurde.

Grundsätzlich ist eigentlich immer etwas los oder zu tun. Ermutigend wird die Arbeit gerade dann, wenn hinter dem selbstdarstellerischen Gesicht eines Jugendlichen, der gerne mal negativ auffällt, der eigentlich kreative oder intellektuelle Kopf hindurchschaut. Zusammenfassend kann man also sagen, dass die Arbeit zwar anspruchsvoll und manchmal nervig ist, auf der anderen Seite allerdings auf jeden Fall an der richtigen Stelle und zum Vorteil der Jugendlichen stattfindet.

3 Kommentare:

  1. Danke für die Lektüre. Darauf habe ich gewartet!

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  2. Danke für Korrektur und Lob, ich werde in Zukunft definitiv wieder mehr schreiben!

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